Darmstadt - eine Perle des Jugendstils
Darmstadt
„Mein Hessenland blühe und in ihm die Kunst.“
Darmastadt wurde zum Symbol für Jugendstil in Deutschland. Selten findet man so ein stilsicheres geschlossenes Ensemble aus dieser Epoche. Wir reisen nach Barcelona, Riga und Wien, um dem Geist dieser Zeit auf die Spur zu kommen, aber „das Gute liegt so nah“.
Es war außergewöhnlich, dass ein Adeliger eine Kolonie moderner Künstler zusammenrief. Auch das Gründungsjahr hatte eine Symbolik. Das Jahr 1899 war der Übergang ins nächste Jahrhundert. Das Projekt war sicherlich umstritten und wäre der Großherzog nicht im Spiel gewesen, hätten wir die Früchte des ehrgeizigen Projektes nie gesehen.
In Katalonien oder in Lettland verschrieb sich das Großbürgertum der Sichtweise der jungen Generation, die müde wurde, die unzähligen Kopien des Historismus zu reproduzieren. Der Geldadel ließ sich vom frischen Wind mitreißen und baute um die Wette an seinem aufstrebenden Image.
Im konservativen Kaiserreich, eigene Residenzstadt in Jugendstil zu gestalten verlangte visionäres Denken und ein Prise Mut.
Die Erhebung der Mathildenhöhe war schon immer schön gelegen und beschenkte einen mit einem weiten Ausblick über die Bergstraße und bis zum Taunus. Einst ein Weinberg, wurde die Anhöhe vom Großvater von Ernst Ludwig in einen englischen Garten umgewandelt und der geliebten Gattin Mathilde geschenkt. Unter den schattigen Platanen ließ sich seit 1830 gut promenieren. Das Sommerhäuschen an der Stelle der heutigen russischen Kapelle wurde auch häufig aufgesucht. In dieser paradiesischen Umgebung entschied sich Ernst Ludwig, eine Vorzeigesiedlung zu gestalten. Die Zeit schrie nach Umbruch und großen Veränderungen. Alles schien möglich zu sein. 1880 wurde eine innovative Wasserversorgung nach den neusten Technologien durchgeführt. Sie diente der Stadt bis 1994. Jetzt zählt sie zu den Industrie- Denkmälern von Darmstadt.
Züge, Autos, Straßenbahnen, Zeppeline und Weltausstellungen prägen den Zeitgeist. Aber nicht nur der technische Fortschritt, sondern auch das Gefühl, dass die Welt kleiner wird, breitet sich aus. Die Zeit war reif für Erneuerung. Ganz im Sinne von Ernst Ludwig: „Habe Ehrfurcht vor dem Alten und Mut, das Neue frisch zu wagen.“
Bei der Gestaltung der Mathildenhöhe ging es um ein umfassendes Erlebnis, um das neue Lebensgefühl: Gartengestaltung, Wegeführung, Brunnen und Laternen, Gitter und Möbel, Formen und Farben – alles wie aus einem Guss und alles im Einklang mit der rasenden neuen Zeit.
Der junge Großherzog, der die britische Erziehung seiner Großmutter Queen Victoria genossen hatte, verschrieb sich gänzlich dem Fortschritt und der Kunst. Jugendstil hieß das Zauberwort.
Da die erste Ehe keine Erfüllung mit sich brachte, stürzte sich der 27jährige in das neue Projekt. 24 Künstler haben im Laufe der Jahre bei dem Projekt mitgewirkt und Einzigartiges geschaffen.
1908 war es endlich so weit – die Landesausstellung ganz im Sinne der großen Mächte fand statt. Über dem Wasserreservoir wurde der Hochzeitsturm gebaut, als Hinweis auf die zweite erfüllte Ehe des Großherzogs. Es wurde bis zum ersten Weltkrieg gearbeitet und dann nahm der verschnörkelte Lebensstil ein jähes Ende. Wir dürfen es aber bis heute bewundern.
Infos zu Öffnungszeiten und Preisen finden Sie hier: https://www.mathildenhoehe.eu/information/oeffnungszeiten-and-eintrittspreise/
Und übrigens im Stadtbad kann man heute noch im Zauber dieser Epoche trainieren:
https://www.jugendstilbad.de/oeffnungszeiten-preise/
Ein weiteres architektonisches Glanzstück ist die Waldspirale von Friedensreich Hundertwasser (1998-2000). Auch wenn der Architekt die Vollendung nicht mehr erlebt hat, ist das Gebäude sein letztes Werk – farbenfroh, weich und lebensbejahend. Es sieht aus, wie ein Ausmalbuch für Kinder. Das Farbkonzept bedient sich der Umgebung. In erster Linie werden die Bodenschichten angesprochen. Die Grube Messel ist hier sehr gut wieder zu erkennen.
Das Landesmuseum schafft es immer wieder aufs Neue, hochkarätige Ausstellungen zum Thema Paläontologie zu gestalten. Dafür dienen oft die prähistorischen Funde der Grube Messel als Hauptattraktionen. Die Funde sind so reich, dass ein zusätzlicher Besuch des UNESCO Weltkulturerbes sich für jeden lohnt.
https://www.grube-messel.de/service/oeffnungszeiten.html
Wenn Sie hier Gefallen am Jugendstil gefunden haben, sollten Sie sich das wesentlich kleinere, aber nicht minder schmucke Ensemble in Bad Nauheim anschauen.
Darmstadt ist kein Museum, sondern immer noch eine quirlige junge Stadt. Von 160.000 Einwohnern sind 50.000 Studenten. Die Technische Universität und 30 Forschungseinrichtungen sorgen für ein aufregendes geistiges Leben.