Höchst - klein, aber fein
Frankfurt Höchst
Höchst ist heute ein pittoreskes Viertel von Frankfurt. Aber es war nicht immer so. Das kleine Städtchen am Main war unabhängig und durchaus selbstbewusst. Es war auch eine ernstzunehmende Konkurrenz für alle Nachbarstädte – Frankfurt, Mainz und Seligenstadt.
Geographisch lag Höchst um einiges günstiger als andere. Das wussten schon die alten Römer und errichteten hier ein Kastell. Die schiffbare Nidda lieferte eine Möglichkeit, sicheren Handel zu treiben.
Über den Namen des Ortes kreisen auch Legenden. Die schönste bezieht sich auf Hostato, den Knappen vom sagenumwobenen Roland. Der große Held ist bekanntlich 778 im heutigen Baskenland ums Leben gekommen. Um Karl dem Großen diese entsetzliche Nachricht zu überbringen, eilte Hostato in das fränkische Reich und fand den König just in dem Moment, als er mit der Grundsteinlegung der Justinuskirche in Höchst beschäftigt war. Über den Gemütszustand von Karl ist nichts überliefert, aber er war sichtlich berührt. Er schlug Hostato zum Ritter und gab ihm die vorhandenen drei Bauernhöfe als Lehen. Wen interessierte es, dass zur Gründungszeit der Kirche (um 830) Karl der Große bereits 16 Jahre tot war, oder Hostato ebenso wie Moses über 40 Jahre gebraucht hätte, um Höchst zu erreichen?
Man wollte sich mit den anderen messen! Für den Sieg in diesem Wettkampf war alles legitim: wenn Frankfurt von Karl dem Großen den Namen hatte und in Seligenstadt der König seine verloren geglaubte Tochter fand, dann wollten die Bürger von Höchst mindestens die Kirche von Karl gegründet wissen!
Auch wenn die hochwassersichere Stelle, auf fränkisch Hostet, für die Namensgebung des Ortes wahrscheinlicher ist, war Karl der Große doch imposanter. Übrigens: für die Version «hohe Stätte» dient als Hinweis auch, dass der Haupteingang der Kirche analog zum Frankfurter Dom im Norden liegt. Diese Stelle hätte das Hochwasser als letztes hingereicht.
Fakt ist, dass die Justinuskirche die älteste Kirche von Frankfurt ist. Geld für dieses völlig überproportionierte Gotteshaus bekam das Städtchen übrigens vom Erzbischof von Mainz, der auch mit Frankfurt um die Zolleinnahmen stritt.
Etwas später kam eine Wasserburg, danach ein Schloss. Zuerst kamen Benediktiner Mönche und mit ihnen die Reliquien vom heiligen Justin, die dann nach 450 Jahren mit den Mönchen weiter zogen.
Später kamen Antoniter, die wieder mal mit der Unterstützung vom Erzbischof von Mainz die Kirche 1441 zeitgemäß modern im gotischen Stil gestalteten und wieder mit der Größe völlig übertrieben. Die Mönche kümmerten sich um die an Antoniusfeuer Erkrankten. In den Gassen weideten Klosterschweine, da Ferkel eine gängige Bezahlung für die Behandlung durch die Mönche war. Menschenkinder wurden geboren und starben. Es gab wenig Herausragendes. Es war ein ganz normaler Kampf ums Überleben.
Dann kam das Jahr 1568. Im Dezember dieses Jahres war es so kalt, dass der Main zufror. Das wäre an sich nichts Besonderes, aber als am 10. Dezember in der Nacht das Feuer ausbrach, fand man kein Löschwasser mehr. Mehr als die Hälfte der Stadt wurde durch den Brand zerstört.
Es war wieder der Erzbischof von Mainz, der Höchst aufbauen ließ. Und die Stadt putzte sich im feinsten Barock heraus.
Danach gab es ruhigere und weniger ruhige Zeiten: Kriege, Pest, Brände, die kaiserlichen und die schwedischen Söldner, die tüchtig das Städtchen plünderten. Im 18. Jhd. blühte die Wirtschaft und Industrie auf. Manufakturen wurden gegründet: 1746 entstand die zweite Porzellanmanufaktur Deutschlands, 1771 die Schnupftabakmanufaktur der Bolongaro Brüder. 1803 folgte der Anschluss an die erste deutsche Eisenbahn. Im 20. Jhd. zog die chemische Industrie in das Städtchen. Damit hat Höchst Frankfurt ganz klar überholt!
Im Industriepark Höchst lebt diese industrielle Tradition weiter.
Vieles hat sich in der malerischen Stadt verändert, aber nicht die Biergärten! Sie laden an den warmen Sommerabenden zum Verweilen ein. Dort, wo Goethe auch mal gerne sich den Fisch schmecken ließ, kann man heute noch ungezwungen einen Flammkuchen oder Rippchen mit Sauerkraut genießen.
Dieses Kleinod ist auch sehr gut mit dem Fahrrad am Main entlang erreichbar. Zurückkehren kann man mit der S2 und S3.